Die Ventrikelseptumdefekte (VSD) sind angeborene Fehlbildungen, die durch eine abnorme Kommunikation zwischen rechtem und linkem Ventrikel gekennzeichnet sind. Diese pathologische Öffnung ermöglicht den Durchtritt von oxygeniertem Blut aus dem linken in den rechten Ventrikel, was zu einem Links-Rechts-Shunt führt und eine Volumen- und Druckbelastung der rechten Herzhöhlen und der Lunge verursacht. Während kleine VSDs klinisch stumm bleiben können, können größere Defekte ohne rechtzeitige Behandlung schwerwiegende hämodynamische Komplikationen verursachen.
Ventrikelseptumdefekte stellen die häufigste Form angeborener Herzfehler dar und machen etwa 20-30 % aller Fälle aus. Die Prävalenz wird auf etwa 2-3 Fälle pro 1000 Lebendgeburten geschätzt. Bei Erwachsenen kann ein nicht diagnostizierter oder unbehandelter VSD zu Herzinsuffizienz, ventrikulären Arrhythmien und in schweren Fällen zum Eisenmenger-Syndrom führen.
Die Ätiologie der Ventrikelseptumdefekte ist auf Störungen der komplexen embryonalen Mechanismen zurückzuführen, die an der Bildung des Ventrikelseptums beteiligt sind. Während der vierten bis achten Schwangerschaftswoche müssen sich das muskuläre und das membranöse Septum korrekt entwickeln und verschmelzen, um die beiden Ventrikel zu trennen. Fehler in diesen Prozessen können zur Bildung eines VSD führen, wobei Lokalisation und Größe von dem betroffenen embryonalen Bereich abhängen.
Die wichtigsten anatomischen Typen von Defekten sind:
In vielen Fällen treten VSDs isoliert auf, sie können aber auch Teil komplexer Syndrome wie der Tetralogie von Fallot, des persistierenden Truncus arteriosus oder des kompletten atrioventrikulären Septumdefekts sein.
Das grundlegende pathogenetische Mechanismus bei VSD besteht im Links-Rechts-Shunt, bei dem Blut vom linken Hochdruckventrikel in den rechten Niederdruckventrikel strömt. Dies führt zu einer Volumen- und Druckbelastung der rechten Herzhöhlen und zu einem gesteigerten pulmonalen Blutfluss.
Anfänglich wird die hämodynamische Belastung durch Anpassung des rechten Ventrikels und der Lunge kompensiert. Besteht der Shunt jedoch fort, entwickelt sich eine rechtsventrikuläre Hypertrophie, eine Verdickung der Pulmonalarterien und eine Erhöhung des pulmonalen Gefäßwiderstands.
Überschreiten die pulmonalen Widerstände die systemischen Widerstände, kann der Shunt seine Richtung umkehren (Rechts-Links-Shunt), was zu Zyanose führt (Eisenmenger-Syndrom), einem irreversiblen und hochgradig invalidisierenden Zustand.
Die Hauptfaktoren, die die klinische Schwere eines VSD beeinflussen, sind:
Bei Neugeborenen mit großen VSDs treten früh Symptome einer Herzinsuffizienz auf, während kleine Defekte oft asymptomatisch bleiben und zufällig entdeckt werden.
Ventrikelseptumdefekte entstehen durch Fehler in der kardialen Morphogenese und treten meist sporadisch auf. Dennoch können genetische und umweltbedingte Faktoren das Risiko erhöhen.
Zu den wichtigsten prädisponierenden Faktoren gehören:
Die primäre Prävention basiert auf strikter Kontrolle mütterlicher Vorerkrankungen, gesunder Lebensweise vor und während der Schwangerschaft, Folsäuresupplementierung und Vermeidung teratogener Einflüsse. Eine vollständige Verhinderung eines VSD ist jedoch selbst bei optimaler Schwangerschaftsführung nicht immer möglich.
Die klinischen Manifestationen von Ventrikelseptumdefekten hängen stark von der Größe des Defekts und vom Ausmaß des hämodynamischen Shunts ab. Kleine VSDs können asymptomatisch bleiben und zufällig entdeckt werden, während große Defekte bereits frühzeitig mit Zeichen einer Herzinsuffizienz symptomatisch werden.
Bei Neugeborenen und Säuglingen mit bedeutendem VSD treten die Symptome in der Regel innerhalb der ersten Lebenswochen auf. In der Anamnese können folgende Hinweise bestehen:
Bei Erwachsenen, deren VSD in der Kindheit nicht diagnostiziert wurde, können Symptome wie Belastungsdyspnoe, frühzeitige Erschöpfung, Palpitationen und in fortgeschrittenen Fällen Zyanose infolge eines Eisenmenger-Syndroms auftreten.
Bei der körperlichen Untersuchung ist das charakteristischste Zeichen eines hämodynamisch bedeutsamen VSD das Vorhandensein eines holosystolischen Herzgeräusches, das entlang des unteren linken Sternalrandes hörbar ist. Das Geräusch ist typischerweise hochfrequent und über dem gesamten Präcordium ausstrahlend. Interessanterweise kann bei kleinen Defekten das Geräusch lauter sein als bei großen Defekten, bei denen der Druckgradient reduziert ist.
Weitere klinische Zeichen können umfassen:
Der Verdacht auf einen Ventrikelseptumdefekt sollte bei Neugeborenen mit holosystolischem Herzgeräusch, frühen Zeichen einer Herzinsuffizienz oder rezidivierenden Atemwegserkrankungen ohne erkennbare andere Ursache aufkommen. Die Diagnose wird durch kardiologische Bildgebung bestätigt und präzisiert.
Die transthorakale Echokardiographie ist die Erstlinientechnik. Sie ermöglicht die direkte Visualisierung des Defekts, die Quantifizierung des Shunts mittels Farbdoppler und die Beurteilung der Größe und Funktion der Herzkammern. Das Verhältnis Qp/Qs gibt das Ausmaß des pulmonalen im Verhältnis zum systemischen Blutfluss an.
Bei Erwachsenen oder komplexen Fällen bietet die transösophageale Echokardiographie eine höhere Auflösung und eine bessere anatomische Darstellung, insbesondere bei membranösen oder infundibulären Defekten.
Die kardiale Magnetresonanztomographie ist bei komplexer Anatomie oder zur genaueren Quantifizierung des Shuntvolumens nützlich. Der Herzkatheter ist indiziert bei Verdacht auf pulmonale Hypertonie, zur direkten Druckmessung und Gradientbestimmung zwischen den Ventrikeln, und ist bei fortgeschrittenen Fällen für die präoperative Beurteilung unerlässlich.
Die rationale diagnostische Abfolge besteht aus: erstem klinischen Verdacht basierend auf Auskultation und Symptomatik; Bestätigung durch transthorakale Echokardiographie; gegebenenfalls Ergänzung durch transösophageale Echokardiographie oder Magnetresonanztomographie bei unklaren oder komplexen Fällen; Durchführung eines Herzkatheters zur hämodynamischen Charakterisierung und Festlegung der therapeutischen Strategie bei Verdacht auf pulmonale Hypertonie.
Die Behandlung von Ventrikelseptumdefekten richtet sich nach der Größe des Defekts, dem Ausmaß des Shunts, dem hämodynamischen Einfluss und dem Vorhandensein von Komplikationen. Kleine VSDs ohne bedeutende hämodynamische Belastung können über die Zeit beobachtet werden, da ein spontaner Verschluss insbesondere in den ersten Lebensjahren möglich ist.
Eine Defektkorrektur ist indiziert bei Patienten mit:
Der chirurgische Verschluss am offenen Herzen stellt die Standardbehandlung für die meisten hämodynamisch signifikanten VSDs dar. Der Eingriff erfolgt unter extrakorporaler Zirkulation mit direkter Naht des Defekts oder Aufnähung eines Patches (autologes Perikard oder synthetisches Material). Die operative Mortalität ist in spezialisierten Zentren sehr niedrig, und die Langzeitergebnisse sind ausgezeichnet.
Der perkutane Verschluss mittels Okklusionsgeräten ist für ausgewählte muskuläre Defekte oder Patienten mit hohem Operationsrisiko vorgesehen. Nicht alle VSD-Typen eignen sich für dieses Verfahren; eine sorgfältige anatomische Beurteilung ist entscheidend für den Erfolg der Prozedur.
Die Prognose von Patienten, die sich einer frühzeitigen VSD-Verschlussoperation unterziehen, ist ausgezeichnet, mit einer Langzeitüberlebensrate vergleichbar der der Allgemeinbevölkerung. Eine rechtzeitige Intervention ermöglicht die Rückbildung der rechtsventrikulären Dilatation und verhindert die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie und einer Herzinsuffizienz.
Bei unbehandeltem VSD steigt das Komplikationsrisiko mit dem Alter erheblich, insbesondere bei moderaten oder großen Defekten. Das Auftreten einer schweren pulmonalen Hypertonie, einer Herzinsuffizienz oder eines Eisenmenger-Syndroms verschlechtert die Prognose erheblich und schränkt die therapeutischen Optionen ein.
Die wichtigsten Komplikationen im Zusammenhang mit Ventrikelseptumdefekten umfassen:
Ein frühzeitiger Verschluss und eine sorgfältige Betreuung können das Risiko von Komplikationen erheblich minimieren und eine optimale Lebensqualität gewährleisten.