Der Truncus arteriosus communis ist ein seltener angeborener Herzfehler, der durch das Vorhandensein eines einzelnen arteriellen Gefäßes gekennzeichnet ist, das aus den Ventrikeln entspringt und Ursprung für die Koronararterien, die Aorta und die Pulmonalarterie ist. Unter normalen Bedingungen sind Aorta und Truncus pulmonalis getrennt und gehen jeweils aus dem linken bzw. rechten Ventrikel hervor. Beim Truncus arteriosus hingegen erfolgt diese Trennung nicht, was zu einer Vermischung von oxygeniertem und desoxygeniertem Blut führt, das sowohl in den systemischen als auch in den pulmonalen Kreislauf gelangt.
Diese Fehlbildung macht etwa 1–3% aller angeborenen Herzfehler aus und ist häufig mit weiteren Malformationen assoziiert, insbesondere mit einem Ventrikelseptumdefekt (VSD), der in der klassischen Form stets vorhanden ist. Eine frühzeitige Diagnose und chirurgische Korrektur sind entscheidend für das Überleben des Neugeborenen.
Der Truncus arteriosus communis ist eine kritische Erkrankung, die ohne Behandlung häufig letal verläuft, aufgrund einer übermäßigen pulmonalen Perfusion, einer kongestiven Herzinsuffizienz und der raschen Entwicklung einer irreversiblen pulmonalen Hypertonie.
Der Truncus arteriosus communis entsteht durch einen embryologischen Fehler bei der Entwicklung des Konotrunkus, einer embryonalen Struktur, aus der sich die Aorten- und Pulmonalbulbi entwickeln. In der normalen Embryogenese durchläuft der Konotrunkus einen Prozess der spiralförmigen Septierung, der zur getrennten Ausbildung von Aorta und Truncus pulmonalis führt. Ein Scheitern dieses Prozesses führt zur Persistenz eines einzigen arteriellen Gefäßes, das Blut aus beiden Ventrikeln erhält und sowohl den systemischen als auch den pulmonalen Kreislauf versorgt.
Die gesicherte Ursache ist eine genetisch bedingte Fehlentwicklung des konotrunkalen Herzens. Insbesondere besteht eine starke Assoziation mit der 22q11.2-Deletion, die typisch für das velokardiofaziale Syndrom (DiGeorge-Syndrom) ist und bei etwa 30–50% der Patienten nachgewiesen wird. Weitere beteiligte Gene sind TBX1, CRKL und VEGF, die die Migration von Neuralleistenzellen steuern – diese sind für die Septierung des Konotrunkus essenziell.
Zu den vermeidbaren Risikofaktoren gehören Umweltbedingungen, die die kardiale Embryogenese in den ersten Schwangerschaftswochen stören. Insbesondere prägestationaler Diabetes mellitus der Mutter, Alkoholkonsum, Antiepileptika und Folsäuremangel sind mit einem erhöhten Risiko für konotrunkale Defekte, einschließlich des Truncus arteriosus, assoziiert.
Die wichtigste pathophysiologische Konsequenz ist die systemische und pulmonale Perfusion mit gemischtem Blut, was zu einer reduzierten arteriellen Sauerstoffsättigung und einem Links-rechts-Shunt auf Höhe des VSD führt. Der niedrige pulmonale Widerstand in den ersten Lebenstagen verursacht eine übermäßige Lungenperfusion mit Gefäßstauung, systemischer Hypoxie und rascher Entwicklung einer kongestiven Herzinsuffizienz.
Zudem führt der erhöhte pulmonale Druck zu frühzeitigen strukturellen Schäden der Kapillaren und begünstigt die Entwicklung einer irreversiblen pulmonalen Hypertonie (pulmonal-obstruktive Gefäßerkrankung), die eine Operation kontraindizieren kann, wenn sie nicht in den ersten Lebensmonaten durchgeführt wird. Die progressive Dilatation der Herzkammern infolge des Volumenüberlastung trägt zusätzlich zur funktionellen Verschlechterung des Herzens bei.
Der Truncus arteriosus communis manifestiert sich früh nach der Geburt mit Symptomen, die auf die Blutmischung und die übermäßige pulmonale Perfusion zurückzuführen sind. Die Symptomatik tritt häufig in den ersten Lebenstagen oder -wochen auf und verschlechtert sich mit dem physiologischen Rückgang des pulmonalen Gefäßwiderstands.
Die neonatale Anamnese sollte auf frühe Anzeichen von Atemnot, Trinkschwäche, Schwitzen beim Stillen und unzureichende Gewichtszunahme achten. Eine positive Familienanamnese für angeborene Herzfehler oder das Vorhandensein von Dysmorphiezeichen, die auf genetische Syndrome (z.B. DiGeorge) hinweisen, sollten den klinischen Verdacht erhöhen.
Die häufigsten klinischen Zeichen und Symptome umfassen:
Bei unbehandelten Neugeborenen kann die fortschreitende Lungenstauung innerhalb des ersten Lebensmonats zu schwerer Atemnot und refraktärer Herzinsuffizienz führen.
Die Diagnose des Truncus arteriosus communis basiert auf der Kombination aus klinischen Befunden, kardialer Bildgebung und genetischer Testung und muss frühzeitig gestellt werden, um eine rechtzeitige chirurgische Behandlung zu ermöglichen.
Die transthorakale Echokardiographie ist die diagnostische Methode der Wahl und ermöglicht die Erkennung von:
Bei komplexer Anatomie oder unklarer Diagnose kommen kardiale Computertomographie (Multislice-CT) oder kardiale Magnetresonanztomographie (MRT) zum Einsatz, die eine dreidimensionale Rekonstruktion der Gefäßstrukturen und eine funktionelle Beurteilung der Blutflüsse ermöglichen.
Die Angiographie wird heute fast ausschließlich zur präoperativen Planung oder bei unzureichenden Ergebnissen nichtinvasiver Bildgebung eingesetzt.
Das Elektrokardiogramm (EKG) kann Zeichen einer biventrikulären Hypertrophie zeigen, während das Thoraxröntgen typischerweise eine Kardiomegalie und ein vermehrtes pulmonales Gefäßzeichen aufweist.
Es wird empfohlen, ein genetisches Screening auf die 22q11.2-Deletion durchzuführen, da diese Anomalie bei einem hohen Anteil betroffener Patienten vorkommt. Bei syndromalen Phänotypen (z.B. Gaumenspalte, Hypokalzämie, faziale Auffälligkeiten) ist die Einbeziehung eines genetischen Teams für eine umfassende syndromale Diagnose unerlässlich.
Der Truncus arteriosus communis ist ein komplexer angeborener Herzfehler, der eine frühzeitige chirurgische Korrektur erfordert – in der Regel innerhalb der ersten Lebenswochen – um eine fortschreitende hämodynamische Verschlechterung und die Entwicklung einer irreversiblen pulmonalen Hypertonie zu verhindern.
Die initiale medikamentöse Behandlung zielt auf die Stabilisierung des Patienten vor der Operation und umfasst:
Die chirurgische Korrektur besteht aus:
Ein frühzeitiger Eingriff ist entscheidend, um irreversible Schäden im pulmonalen Gefäßbett zu verhindern und das Risiko langfristiger Komplikationen zu senken. In ausgewählten Fällen – bei komplexer Anatomie oder sehr niedrigem Geburtsgewicht – kann ein zweizeitiges Vorgehen mit initialer Palliation und späterer definitiver Korrektur geplant werden.
Wird die Erkrankung in der Neonatalzeit korrekt behandelt, hat sich die Prognose des Truncus arteriosus communis in den letzten Jahrzehnten erheblich verbessert – dank Fortschritten in der Herzchirurgie und der neonatologischen Intensivmedizin. Die Langzeitüberlebensrate liegt in hochspezialisierten Zentren über 85–90%.
Ein langfristiges Follow-up ist jedoch unerlässlich, da:
Die Lebensqualität ist in den meisten Fällen gut, erfordert jedoch ein spezialisiertes und interdisziplinäres kardiologisches Nachsorgeprogramm zur Überwachung der Ventrikelfunktion, Klappenverhältnisse und des Conduitzustands.
Ohne chirurgische Behandlung schreitet der Truncus arteriosus communis rasch fort zu einer kongestiven Herzinsuffizienz und vor allem zu einem irreversiblen Lungenhochdruck (Eisenmenger-Syndrom), was die Erkrankung inoperabel und schwerwiegend macht.
Die wichtigsten assoziierten Komplikationen sind:
Eine optimale Versorgung des Truncus arteriosus communis erfordert eine frühzeitige Diagnose, eine rechtzeitige chirurgische Korrektur und ein strukturiertes Langzeit-Follow-up in spezialisierten Zentren für komplexe angeborene Herzfehler.